Wertvoll heute – Artikel vom 08.04.2016

Woran richten wir unser Denken und Handeln aus?

Wir haben eine grobe Meinung zu allgemeinen Werten, denen alle Gesellschaftsmitglieder folgen oder folgen sollten, aber so eindeutig lässt sich das nicht immer sagen. Wünschenswertes Verhalten basiert auf werthaltigen Grundeinstellungen. So kann darunter Pünktlichkeit, Fleiß, Einsatzbereitschaft, Höflichkeit und Ähnliches verstanden werden. So ist die Marke „Made in Germany“ zwar kein Ergebnis vorschneller Zuschreibung, sondern resultiert auf jahrzehntelange wertebasierten Einstellungen zum Arbeitsethos einer ganzen Gesellschaft. Und plötzlich wird dieser erwünschte Zustand überall als selbstverständlich angenommen und vorausgesetzt, ob das der PKW ist, den man eben gekauft hat, ein Kleidungsstück, eine Dienstleistung oder was auch immer.

 

Um diese Ebene halten zu können, bedarf es bei jedem ständige Eigen-Motivation und den Wert, stets sein Bestes geben zu wollen. Und es hängt oft an diesem Wollen, das zu einem Müssen, einem Permanent-erreichbar-sein-sollen umschlägt. Forderungen, die an uns gestellt und natürlich erfüllt werden müssen. Hier stellt sich die Frage, mit welchen Werten sich die Menschen letztlich auseinandersetzen möchten. Wo lege ich meine Prämisse – wohin geht die Reise auf der Welle der Selbstentfaltung? Sehen wir diese Selbstentfaltung in der omnipräsenten Leistungskultur oder definieren wir Lebensqualität in sozialer Geborgenheit beispielsweise in Familie und Freundschaft?

 

Letztlich haben wir nicht immer die Möglichkeit, uns ein ausgeglichenes Leben aufzubauen. Ohne Leistungsdruck und Engagement werde ich am Arbeitsleben nicht so teilhaben können, um im Strom der postmaterialistischen Zeit in punkto materielle Sicherheit und Status mit schwimmen zu können. Andernfalls erleben wir heute, wie rasch Menschen ausbrennen, körperlich wie seelisch erkranken und aus diesem Leistungsdruck herausgenommen werden müssen. Letztlich steht aber auch dann wieder eine Rückkehr in das System an, aber ohne Veränderung der Arbeitsplatzsituation wird sich auch dann keine dauerhafte Besserung einstellen können.

 

Nicht alle halten dem unnatürlichen Druck, den die Arbeitswelt in ihrem noch nie dagewesenen fortschreitenden Wandel der technologischen und digitalisierten Weiterentwicklung aufbaut, lange stand. Als Fakt lässt sich vielleicht festhalten, dass wir unserer Zeit nicht entfliehen können. Und nehmen wir uns aus dem globalen Gefüge heraus, werden wir binnen kürzester Zeit das Nachsehen haben und würden unzählige Arbeitsplätze verlieren. Wir werden allerdings Lösungen finden müssen, den Wandel so zu gestalten, dass wir ihn auch mitgehen werden können.

 

Wohin hat sich also unsere wünschenswerte Arbeitswelt hin entwickelt?

Es bleibt die Frage, ob ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle eine Möglichkeit darstellt, die persönliche Motivation und Werthaltung für das Arbeitsleben positiv zu beeinflussen.

Werte zu leben, benötigt die Chance, sie auch wirklich mit Schutz und Rückendeckung wahrnehmen zu dürfen und bedarf der Unterstützung aus Unternehmenswelt und Gesellschaft, um ein Leben in Balance und Sinnerfüllung führen zu können. Begleitet zu werden bei Problemen, Barrieren und Konflikten und ausreichend geschult zu werden, um die jeweiligen Aufgaben adäquat bewältigen zu können. Es müssen Modelle für Arbeitnehmer eingeführt werden, die den Charakter von Work-Balance und Familienfreundlichkeit nicht nur namentlich nennen, sondern diese auch tatsächlich in die Praxis umsetzen. Was nützt die beste Leistungsgesellschaft, wenn deren Mitglieder erkranken, aus der Not heraus betrügen, Konflikten nicht mehr gewachsen sind und dann aus dem System herausfallen? Wertvolles Handeln sollte direkt am Individuum ausgerichtet sein und ein Konsens geschaffen werden, wie wir in unserer Gesellschaft gesund und dennoch leistungsbereit zusammenarbeiten und leben können. Es lohnt sich also, Fortschritt, Wachstum und Wandel nicht am Menschen vorbei zu entwickeln, sondern mit ihm.

Ihr Wolfgang M. Ullmann

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