Einfach ist oft besser! Artikel vom 21.05.2008

Unsere Sprache verrät sehr viel von uns und unserer Persönlichkeit. Relativ rasch lässt sich erkennen, woher die sprechende Person stammt, sie gebürtig ist, welche Bildung sie genossen hat und in welchem Beruf sie tätig ist.

Wir werden von Geburt an von vielen – in diesem Zusammenhang sprachlichen Kontexten – sozialisiert und enkulturiert. Wir lernen die Sprache der nächsten Bezugspersonen und wenden sie an. Wir vergleichen sie mit der anderer Personen, sei es von ErzieherInnen oder Gleichaltrigen im Kindergarten, oder weiteren familiennahen Bekannten und fügen Sie unserem Sprachgebrauch hinzu.

 

Unser Bildungsweg vermittelt uns bereits in der Schullaufbahn ein entsprechendes sprachliches Niveau, vorausgesetzt, wir möchten uns damit auch identifizieren und fühlen uns wohl. Die Berufsausbildung versetzt uns tiefer in eine sprachliche Spezialisierung und umgibt uns mit den Begrifflichkeiten und dem Sprachumgang, den wir tagtäglich zu benutzen haben, um uns in diesem Kontext zurecht zu finden.

 

Wer erkannt hat, auf welchem Niveau er zu kommunizieren hat, um in einem entsprechenden Umfeld positiv oder gar herausragend wahrgenommen zu werden, wird sich ein adäquates Vokabular und einen bestehenden Sprachgebrauch aneignen.
Somit kommen wir bald an einen Punkt, an dem es sehr schnell zu viel wird.

 

Aus manchen Meetings gehe ich sehr genervt heraus, vor allem dann, wenn normale Sachverhalte auf ein Vielfaches aufgeblasen werden. So fragt man sich, ob es denn sein muss, dass in nur einem Statement gleich vier Anglizismen untergebracht werden müssen. Gehören Sie auch zu dieser jungen dynamischen Generation, die von ihrer deutschen Muttersprache nicht mehr überzeugt ist? Es hat den Anschein, als könnte die deutsche Sprache die globalen Alltagszusammenhänge eines mittelständischen Unternehmens nicht mehr befriedigend beschreiben.

 

Nun gut, es mag bewundernd anheimeln, wenn die Kollegin oder der Kollege so wortgewandt und scheinbar ganz nebenbei verwendend, von Businessmeetings, perfect locations, horrable Mondays, Stakeholder parties oder irgendwelchen notwenigen product relaunches erzählen. Sicherlich könnte man sagen, dies erwecke den Eindruck von Selbstsicherheit und Fachkompetenz.

 

Aber ganz ehrlich, warum sollten wir unsere deutsche Sprache derart verunglimpfen? Warum sprechen wir in dem oben genannten Fall nicht lieber gleich in Englisch, because English is our preferred language oder sprechen in deutsch und machen es allen und uns selbst einfacher in einen stressigen Arbeitsalltag.

 

Wohin soll sich diese Anglizismen-Fremdsprachen-Spirale weiter drehen oder welche Begrifflichkeiten wollen wir überdies weiter ins Deutsche adoptieren?

Aus einer solchen Spirale können wir ausbrechen, in dem wir es uns einfacher machen. Wir tragen so dazu bei, klare Aussagen zu formulieren und auf Anhieb von unseren Mitmenschen verstanden zu werden. Außerdem wäre es zu tiefst bedauerlich, wenn die Farbe der deutschen Sprache mit ihren so mannigfachen Ausdrucksmöglichkeiten immer mehr verblassen würde. Heute hört man oft nur noch, dass alles geil sei – ob das denn wirklich so ist, wie oft angepriesen, sei hier einmal dahin gestellt – aber machen wir uns die Mühe, einen Sachbestand feinfühliger und emotionsreicher zu beschreiben. Und wir werden uns wundern, wie viele Adjektive es gibt, um geil in seiner Monopolstellung abzulösen. Dann entdecken wir den Reiz und die scheinbare Einfachheit der deutschen Sprache auf eine ganz neue und farbenfrohe Weise. Viel Freude beim Ausprobieren …

 

Ihr Wolfgang M. Ullmann

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